Kajak

Interview mit Evert Aartsen von SKIM Kayaks in Finnland

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Wir haben die Produktion von SKIM Kayaks in Finnland besucht und in diesem Rahmen auch ein Interview mit dem Chef von SKIM – Evert Aartsen – geführt. Es ging dabei um die Marke und die Werte von SKIM, um die herausragenden Details und das innovative, funktionale Design und und auch um einen Ausblick auf zukünftige Neuheiten.

Das Interview in voller Länge im Video 
(Tipp: Für deutsche Untertitel direkt auf Youtube anschauen) 
und hier untenstehend in Textform zum Nachlesen.

Anne: Ich bin Anne von Lite Venture und wir sind sehr froh darüber, diese Woche SKIM Kayaks zu besuchen in Kokkola, Finnland. Und wir freuen uns ganz besonders darüber Evert Aartsen kennenzulernen, den Besitzer von SKIM Kayaks. Wir werfen mit euch einen genaueren Blick auf die Marke SKIM und auf die Kajaks. Und natürlich zeigen wir euch auch ein paar Eindrücke hinter den Kulissen!

Evert: Ja, willkommen in Finnland! Es ist wirklich toll, euch eine ganze Woche hier zu haben und wir werden eine ganze Menge zu tun haben! Wir werden uns auch besser kennenlernen das wird eine richtig gute Woche!

Anne: Ja, und wir nehmen am Ende dieser Zeit ein paar brandneue Kajaks mit nachhause, also wieder ein Anhänger voller Freude den wir an unsere Kunden ausliefern. Und wir nutzen die Gelegenheit auch, um neue Mitarbeiter hierher mitzubringen um ihr Wissen zu Reparaturen an den Kajaks zu schulen. Also wenn wir wieder nachhause fahren sind wir vorbereitet auf alles! Evert, wodurch hast du dich dazu entschieden, Seekajaks zu bauen?

Evert: Das begann in der Zeit, als ich in der Firma meines Schwiegervaters gearbeitet habe. Da war ich damit beschäftigt, Seekajaks für Kajak Sport zu bauen, als Kajak Sport selbst noch Seekajaks gemacht hat. Meine eigene Firma habe ich dann 2003 gegründet, als Auftragnehmer für SKIM Kayaks in Schweden und so hat alles angefangen.

Anne: Okay, und dann hast du dich dazu entschieden deine Firma in Kokkola (Finnland) aufzubauen? Gab es dafür einen bestimmten Grund?

Evert: Ja, es gab verschiedene Gründe, einmal habe ich hier schon gelebt und es gab keinen Grund, es irgendwo anders zu beginnen. In einem Radius von 35 Kilometern rund um Kokkola befinden sich 85% der gesamten Bootsbau-Industrie in Finnland. Hier gibt es also eine sehr große Expertise und so viel Wissen. Auch die Materialien sind hier einfacher zu bekommen, das ist also der perfekte Ort für jede Art von Bootsbau.

Anne: Und werden SKIM Kayaks ausschließlich hier gebaut in Finnland in Kokkola, oder gibt es noch andere Orte?

Evert: Nein! Wir bauen jedes einzelne Kajak in unserer eigenen Produktion hier in Kokkola.

Anne: Und die Zubehörteile an den Kajaks, zum Beispiel die Lukendeckel?

Evert: 90 Prozent der Komponenten - oder sogar 95 Prozent - kommen auch aus Finnland. Sie kommen alle von Kajak Sport aus Pori (Finnland). Und auch Kajak Sport stellt alles in Finnland her. Und so gibt es nur sehr weniges von auswärts Importiertes.

Anne: Also haben wir ein nahe zu 100 Prozent finnisches Produkt das komplett in Finnland selbst gefertigt ist?

Evert: Ja, und da sind wir sehr stolz darauf!

Anne: Was bedeutet der Markenname „Skim“? Und was macht die Marke im Kern deiner Ansicht nach aus?

Evert: „Skim“ bedeutet: Etwas, das über das Wasser fliegt! Etwas, das sehr leichtfüßig über das Wasser geht, daher kommt der Name. Was wir wollen - und was wir tun - ist unseren Kunden zuzuhören. Wenn wir also ein Kajak gestalten, nehmen wir den Input unserer Kunden, und das, was sie wollen. Wir versuchen ein Kajak zu gestalten, das für unsere Kunden perfekt ist. Wir gestalten kein Kajak über das wir selbst denken dass es gut ist. Wir machen das nicht für uns, sondern für die Menschen da draußen, die paddeln wollen. Das ist das Wichtigste, auf das wir uns bei SKIM konzentrieren.

Anne: Okay! Um etwas mehr ins Detail zu gehen: Wir machen die Erfahrung, dass die meisten Kunden nach dem Rockhopper Layup fragen. Weil es ihrer Meinung nach ein sehr starkes Layup ist - ausgehend von dem hohen Anteil an Kevlar, das verwendet wird. Das ganze Unterschiff ist doppellagig mit Kevlar aufgebaut. Manche sagen auch, es könne das widerstandsfähigste Layup mit der höchsten Schlagfestigkeit am Markt sein, das bei einem Kajak dieser Bauweise zum Einsatz kommt. Was denkst du darüber?

Evert:
 Ich denke, es ist ein großartiges Layup! Es ist ein sehr, sehr schlagfestes Layup, Ich weiss nicht, ob es das stärkste der Welt ist, das ist natürlich schwer zu sagen, weil ich nicht weiss, was andere machen. Aber wir hatten nie Probleme mit dem Rockhopper Layup. Es ist extrem haltbar. Ich meine, wenn du mit einem Kajak in felsige Gewässer gehst, und du willst dich sicher fühlen, dann ist das Rockhopper definitiv ein großartiges Layup! Es ist absolut fantastisch! Jeder, der ein Kajak von SKIM anschaut, stellt sofort fest, dass das Design wirklich herausragend ist. Wenn du ein SKIM Kayak anschaust siehst du sofort, dass es sich von anderen Kajaks auf dem Markt unterscheidet.Dabei geht es aber nicht nur darum, was du siehst, sondern es gibt auch einen technischen Hintergrund bei verschiedenen Teilen des Kajaks, wie beispielsweise dem Deck und dem Rumpf.

Anne: Könntest du das etwas erklären?

Evert: Ja klar, ich kann es versuchen: Wir haben bei SKIM natürlich immer versucht, innovativ zu sein. Wir haben versucht, neue Lösungen für Probleme zu finden. Wir haben versucht, neue Ansätze zu denken. Schon zu Anfang beim Design der ersten SKIM Kajaks ... zu dieser Zeit war es noch üblich, Kajaks mit weißem Rumpf und gelbem, roten oder blauem Deck zu designen und das war's. 
SKIM kam mit vollflächigen Farben, mit dem durchgehenden Streifen auf dem Deck und in vielen Zeitschriften wurde getitelt: „Die Kajaks mit dem Rennstreifen!“ Das war eines der Dinge.
Und dann war SKIM eine der ersten Marken am Markt, die eine Vorrichtung für Abschleppseile / Abschließen verwendet haben. Und dann haben wir hier eine bündige Schottwand, damit Wasser schnell wieder aus dem Cockpit entfernt werden kann. Das ist auch so ein Feature, bei dem SKIM der erste Bootsbauer war, der das auf den Markt gebracht hat. Und dann siehst du hier bei diesem Modell - dem Beaufort - dass der Deckstreifen vertieft ist. Er ist durchgehend von vorne bis zum Heck. Mittlerweile ist auch das ein Detail, das von vielen Herstellern kopiert wird.

Anne: Aber ihr wart die Ersten?

Evert: Wir waren die Ersten! Und wir sind immer noch die Einzigen die wirklich verstehen, warum wir das getan haben (lacht). Es erfüllt eine Menge Funktionen: Es bringt auf die Länge des Kajaks eine deutlich höhere Steifigkeit. Es macht das Deck steifer, ohne mehr Material zu benötigen.
Dann haben wir die Tieferlegung so gemacht, dass ... schau dir mal speziell die Bedingungen hier in Skandinavien an, besonders wenn es kälter wird: Hier willst du nicht, dass sich an den Lukendeckeln viel Wasser sammelt, denn es gefriert. Und diese Kanäle - oder wie du sie nennen willst - bewirken das Ablaufen des Wassers. In jeder Neigung, in der du das Kajak paddelst, wird das Wasser von den Lukendeckeln abfließen, sodass sich hier kein Eis bildet. Und dann kannst du natürlich auch eine Trinkflasche festmachen. Der Deckstreifen erfüllt also eine Menge Aufgaben.

Anne: Ja, das ist sehr interessant zu erfahren! Da ist etwas hinter dem Süllrand. Welchen Einsatzzweck erfüllt das?

Evert: Ah, das sind Ausleger für Paddlefloats. Wenn du kenterst und dich alleine wieder retten musst, kannst du dein Paddel hier befestigen. Mit einem Auftrieb für das Paddel kannst du sehr einfach seitlich wieder in das Kajak einsteigen. Wenn du also alleine auf dem Meer bist, in kalten Gewässern wie wir sie hier haben, ist es überlebenswichtig, schnell wieder in dein Kajak zurückzukommen. Und dafür ist das eine gute Lösung.

Anne: Also ist das auch ein wichtiges Sicherheits-Feature?

Evert: Ja, ganz besonders in kalten Gewässern, sehr wichtig.

Anne: Und dieses kleine Ding?

Evert: Das ist eine Abschlepp-Klemme. Wenn du also jemanden abschleppst, musst du das Seil nicht um deinen Körper wickeln. Du kannst es von der Klemme aus unter dem Steg führen so befindet es sich mittig am Kajak und hier kannst du die Länge justieren oder es lösen.

Anne: Okay! Und wenn wir zum Heck des Kajaks kommen, sehen wir dass es wirklich einzigartig ist, hat das Design des Hecks eine bestimmte Funktion oder bringt es einen technischen Vorteil?

Evert: Es gibt einen theoretischen Vorteil: Verglichen zur Wasserlinie ist das Kajak kürzer. So ist die Wasserlinie effektiv länger als das Kajak. Aber das ist nicht der eigentliche Grund, warum wir das so gestaltet haben. Als wir das Kajak designt haben, haben wir große Unterstützug bekommen von Peter Norlin der war ein Segelboot-Designer und ihm zu Ehren wurde das Heck an ein Segelboot angelehnt. Das Heck ist also mehr ein Design-Ding. Ich persönlich finde es sieht wundervoll aus!

Anne: Ja, das tut es! Und es sieht sehr anders aus. Ja, viele Kunden geben uns das Feedback, dass das Beaufort verglichen mit seiner Länge ein sehr schnelles, aber dennoch sehr agiles Kajak ist. Es lässt sich sehr gut drehen.

Evert: Ja, es ist sehr beweglich. Aber die Länge ist etwas irreführend, wenn es die übliche Form eines traditionellen Seekajaks hätte, wäre es mindestens 30 cm länger.

Anne: Was vielen Kunden gefällt, die ein SKIM Kajak bestellen, ist die Möglichkeit vieles individuell anzupassen. So bekommt jeder Kunde sein persönliches Kajak, das sich von anderen unterscheidet. Würdest du erklären, welche Features du an einem SKIM Kajak anpassen kannst?

Evert: Ja, klar! Grundsätzlich ist es wie du sagst, wir machen es so, wie der Kunde es will.
Was also möglich ist, machen wir. Das was am meisten nachgefragt ist, sind die Farben. Man kann im Prinzip alle Farben der RAL-Palette wählen.
Dann können wir natürlich die Schottwände anpassen. Wenn also jemand etwas kleiner ist, können wir die Schottwänd und Pedale versetzen, das gibt dann mehr Stauraum. Wenn jemand größer ist, können wir den Fußraum vergrößern. Was wir auch öfter machen ist die Anpassung der Schenkelstützen. Manche Menschen mit längeren oder dickeren Beinen haben Schwierigkeiten beim Ein- und Ausstieg. Wir können die Schenkelstützen verkleinern. Das ist eine weitere, oft angefragte Option. Und dann haben wir natürlich vier verschiedene Layups, aus denen man wählen kann.

Anne: Und können Kunden das auch selbst ablängen,wenn sie sich das nachträglich wünschen?

Evert: Absolut, ja! Das ist eine Möglichkeit. Das ist nur Fiberglas. Du musst nur dran denken, dass darunter das Polster ist. Es ist also kein Problem, das nachträglich anzupassen.

Anne: Die wichtigste Custom-Option ist die Wahl des Layups. Es gibt also vier verschiedene Layups. Könntest du die wichtigsten Unterschiede erklären?

Evert: Ja klar! Wir haben das TR - Traditional - das ist ein Fiberglas- und Diolen-Layup. Das ist ein von Hand gelegtes Kajak. Fiberglas und Diolen ergeben ein sehr gutes, steifes Layup. Aber es ist nichts extra-spezielles. Es ist ein sehr gutes, solides Layup.
Dann gibt es das XR - Extra Rigid. Das ist sehr ähnlich zum TR Traditional, aber statt dem Diolen nutzen wir Kevlar. Das macht es - wie der Name sagt - extra steif (extra rigid) und auch etwas schlagfester.
Dann haben wir das Rockhopper. Das ist bei weitem das Layup mit der höchsten Schlagfestigkeit, das wir haben. Wir der Name schon sagt: Rockhopper.

Anne: Und auch leichter, nicht?

Evert: Es ist ein bisschen leichter, weil es mit Vakuum-Infusion hergestellt wird mit Vinyl-Ester-Harz. Es ist "kugelsicher".
Und dann haben wir das Carbon-Layup. Das ist das leichteste Layup. Das setzen wir ein, um das Kajak so leicht wie möglich zu machen. Aber natürlich soll es auch steif und stabil sein. Wir gehen damit nicht bis zum Ultimum an Leichtigkeit, denn ein Kajak soll auch haltbar sein.

Anne: Du hast das XR, das Extra Rigid erwähnt. Würde es Sinn machen, ein Beaufort oder ein Braveheart mit dem XR statt dem Rockhopper zu bestellen?

Evert: Wir liefern das Beaufort oder Braveheart nicht im XR. Das Extra Rigid ist nicht bei allen Modellen erhältlich. Beaufort und Braveheart sind die spielerischeren Kajaks. Wenn du damit rausgehst auf das Meer, und nach etwas wirklich haltbarem suchst, solltest du das Rockhopper Layup wählen. Das Extra Rigid haben wir am Artisan 5G und am Viking, die sind für leichtere Bedingungen gemacht, als Beaufort und Braveheart. Diese liefern wir also im XR Layup wenn man sie etwas stabiler möchte.

Anne: Also sind die Boote der Challenge Series zu denen Beaufort und Braveheart gehören, in drei verschiedenen Layups erhältlich - Traditional, Rockhopper and Carbon Light

Evert: Korrekt.

Anne: Wenn wir eine Bestellung bekommen, bei der vieles individuell ist, Farben, Layup, ... und wir sagen, dass das Boot in 8 - 10 Wochen fertig ist, dann sind die meisten sehr überrascht, dass die Lieferzeit so kurz ist. Warum kannst du das ermöglichen?

Evert: Ich denke, dass nicht nur wir das ermöglichen, das liegt an der sehr guten Zusammenarbeit von Lite Venture und SKIM Kayaks. Ihr bestellt Kajaks sehr regelmäßig so schicken wir euch ja alle 5 bis 6 Wochen eine Lieferung. Das macht die Verfügbarkeit viel einfacher. Viele Händler bestellen nur zwei, dreimal im Jahr. So muss man praktisch Standard-Farben bestellen. So ist es natürlich sehr einfach. Ich glaube also das hat nicht nur mit uns zu tun, wir sind sehr flexibel darin, wie wir produzieren, aber ohne diese Kooperation mit Lite Venture würde das niemals funktionieren.

Anne: Du hast eine Menge spezieller Features erklärt, sind irgendwelche neuen Entwicklungen geplant?

Evert: Ja! Die bestehenden Kajaks bleiben so, wie sie sind, vielleicht gibt es mal kleinere Anpassungen in der Zukunft. Woran wir im Moment arbeiten, ist eine neue Linie an Kajaks: Die wird sich stark unterscheiden von der jetzigen Linie. Es wird ein Tandem geben. Und es wird ein Kajak für Kinder geben. Wir denken, dass es derzeit keine wirklich guten Kajaks für Kinder am Markt gibt. Das wird also ein sehr hoch entwickeltes Kajak für Youngsters.

Anne: Auch ein Composite?

Evert: Ja, ein Composite Kajak. Im Moment planen wir aber auch die Entwicklung eines PE-Kajaks. Wir rechnen damit, es Ende 2023 auf den Markt zu bringen.

Anne: Ah, das sind hervorragende Neuigkeiten! So, wir sind am Ende ...

Evert: Ja, eine wirklich großartige Woche euch hier zu haben und euch die Produktion zu zeigen wie wir die Kajaks bauen für euch auch zu sehen, mit wieviel Leidenschaft wir das tun. Sicher auch schön, die Umgebung hier zu sehen. Und Thomas, einer eurer Leute, paddelt immer noch hier hinter uns da draußen herum!

Anne: Ja, dank dir, dass du dich um uns kümmerst! Und wir planen im nächsten Jahr wiederzukommen ...

Evert: Oh, nein!   (beide lachen ...)